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Schon immer war das Lebensbild Friedrich Wilhelm von Steubens in der historischen Literatur widersprüchlich und faszinierend zugleich. Sein bewegtes Leben, seine wechselvolle Karriere im preußischen Obrigkeitsstaat und sein selbstloser Einsatz für die freiheitlichen Ideale Nordamerikas haben das Bild eines Abenteurers gezeichnet und schon früh zur Legendenbildung beigetragen.


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Am 17. September 1730 wird er als Sohn des preußischen Ingenieur-Offiziers August Wilhelm von Steuben in der Festungsstadt Magdeburg geboren und an den verschiedenen Standorten seines Vaters schon früh mit dem militärischen Leben konfrontiert - unter anderem in Kronstadt, St. Petersburg, Riga und Breslau. Schon in jungen Jahren äußert er den Wunsch, ebenfalls die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Kaum 14 Jahre alt, zieht er als Freiwilliger mit seinem Vater in den 2. Schlesischen Krieg, nimmt an der Belagerung von Prag teil.


1746 tritt er als Fahnenjunker in das preußische Infanterie-Regiment von Lestwitz ein. Eine Militärschule, die den jungen Steuben entscheidend prägt: Das Regiment von Lestwitz gilt als strenge Schule der Manneszucht, sein Offizierkorps damals als das best-geformte der Welt. In der Garnison Breslau besucht er nebenbei Vorlesungen an der dortigen Universität. Seine Schulbildung ist für damalige Verhältnisse überdurchschnittlich gut. Neben Deutsch beherrscht er auch die russische und französische Sprache, besitzt außergewöhnliche Kenntnisse in Mathematik und Literatur. Und er liebte die Geselligkeit - als guter Gastgeber und Tänzer ist er bald Mittelpunkt eines Kreises junger Studenten und Offiziere.

Am 3. Mai 1749 wird er zum Fähnrich ernannt, dient als Premier-Lieutenant in der schlesischen Armee unter Feldmarschall Schwerin. Am 26. November 1752 erfolgt seine Beförderung zum Seconde-Lieutenant, 1754 wird er mit seiner Kompagnie zur Festung Schweidnitz abkommandiert. Bei Prag am 6. Mai 1756 verwundet, kämpft er am 5. November 1557 in der Schlacht bei Rossbach.

Im 7-jährigen Krieg wird er 1758 dem berühmten "Freibataillon" des Generals Johann von Mayr zugeteilt, wo er zum Adjudanten und 1. Offizier im Stabe avanciert. Dieses Freikorps wird nicht regulär an der Front eingesetzt, sondern muß im Auftrage des Königs kriegerische Sonderaufgaben erfüllen wie handstreichartige Überfälle in die Flanken des Gegners, Abschneiden des Rückzugs und Verfolgung des Feindes nach gewonnener Schlacht. Eine Einheit, der nur ausgezeichnete Offiziere angehören. Steubens Draufgängertum und Kampfbereitschaft machen alsbald auch Friedrich den Großen auf ihn aufmerksam. Besondere Anerkennung findet er bei Prinz Heinrich von Preußen, dem Bruder des Königs und einem der besten Heerführer seiner Zeit. Sein Respekt vor Steubens militärischer Begabung begründet zwischen beiden Männern eine lebenslange Freundschaft.

Als Brigade-Ordonnanz-Offizier bei General von Hülsen erlebt Steuben den Einmarsch in Böhmen und später die Kämpfe gegen Rußland im Odergebiet, bei denen der Preußenkönig am 12. August 1759 in der Schlacht von Kunersdorf eine verheerenden Niederlage erleidet - seine Truppen verlieren 18.500 Mann (darunter 530 Offiziere), 178 Geschütze und 28 Fahnen und Standarten.

1761 erfolgt Steubens Berufung zum Quartiermeister-Lieutenant im Hauptquartier des Großen Königs - offizielle Anerkennung seiner Befähigung zum Generalstabsoffizier. Nach der Kapitulation der preußischen Truppen am 25.Oktober 1761 gerät er bei Treptow an der Rega in russische Kriegsgefangenschaft, doch schon wenige Wochen wendet sich das Schicksal: In einem Schreiben vom 12. Januar 1762 meldet er seinem König den plötzlichen Tod von dessen Erzrivalin, der russischen Zarin Elisabeth. Mit der Inthronisierung ihres Nachfolgers schlägt die Stimmung für Preußen um - der neue Zar Peter III. gilt als Bewunderer der preußischen Krone. In der Folge wird Steuben aus Gefangenschaft entlassen, bleibt als Attache' weiter am Zarenhof in Petersburg. Durch sein diplomatisches Geschick ist er maßgeblich am Zustandekommen des Friedensvertrages zwischen Preußen und Rußland beteiligt. Erst im Mai 1762 kehrt er nach Breslau zurück.

Sein weiterer Dienst führt ihn zurück in das Königliche Hauptquartier. Friedrich der Große ernennt ihn zu einem seiner Adjudanten, beruft ihn in seine "Spezialklasse der Kriegskunst", die aus 13 ausgewählten und besonders verdienten Offizieren besteht und vom König höchstpersönlich unterrichtet wird. Die Zugehörigkeit zur Königlichen Suite verheißt ihm eine große militärische Zukunft in der preußischen Armee. Dem unaufhaltsam scheinenden Aufstieg folgt jedoch im Herbst 1763 der tiefe Sturz. Eine Auseinandersetzung mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem als intrigant und brutal verrufenen Generaladjudanten Heinrich Wilhelm von Anhalt, beendet seine bis dahin glänzende militärische Karriere. Um ihn loszuwerden, überträgt er Steuben die rangniedere Position eines einfachen Kompaniechefs im Regiment von Salmuth in der Garnison Wesel (Rheinland) - weit entfernt vom königlichen Machtzentrum. Eine Versetzung, die der ehrgeizige Stabs-Capitain als Ehrverletzung und Herabwürdigung seiner militärischen Qualifikation empfindet. Gekränkt und verbittert verweigert Steuben den Dienstantritt, beantragt seine Entlassung aus der preußischen Armee.


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Für den 33-jährigen Offizier beginnt die schwerste Zeit seines Lebens. Sein Entlassungsgeld kommt einem Almosen gleich, der Wechsel in einen bürgerlichen Beruf ist praktisch unmöglich: Als Aristokrat kann er weder Handel betreiben noch ein Handwerk erlernen. Eine Zeitlang ist er auf die Unterstützung seines Freundes Prinz Heinrich von Preußen angewiesen. 1764 vermittelt ihn Prinzessin Friederike von Württemberg, eine Nichte Friedrichs des Großen, an Fürst Joseph Wilhelm zu Hohenzollern-Hechingen (1717-1798). Ihm dient Steuben 12 Jahre lang als Hofmarschall und Prinzen-Erzieher.


Auf Betreiben von Prinzessin Friederike, die ihm persönlich tief verbunden ist, wird er am 28. Mai 1769 von Markgraf Carl Friedrich von Baden-Durlach als 168. Mitglied in den badischen Hausorden der Treue aufgenommen. Eine ritterliche Ordensgemeinschaft gleichgesinnter Männer, die den zweifelsfreien Nachweis einer adeligen Herkunft voraussetzt und mit der Verleihung des Barons-Titels verbunden ist. Mehrere Dienstreisen in dieser Zeit führen ihn ins Ausland, unter anderem nach Frankreich.

Durch Vermittlung des französischen Literaten und Geheimagenten Beaumarchais in Paris bekommt Steuben 1777 Kontakt zum französischen Kriegsminister Graf Saint Germain und dem amerikanischen Gesandten Benjamin Franklin. Die Begegnung wird zum Wendepunkt seines Lebens. Zum erstenmal hört er vom nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 13 britische Kolonien sind dort in den Kampf gegen das englische Mutterland getreten. Sie erstreckten sich von New Hampshire im Norden bis nach Georgia im Süden, die 1,5 Millionen Bewohner (darunter 100.000 Sklaven) wollen sich von den bedrückenden Gesetzen der britischen Krone befreien. Steuben, der wieder eine militärische Aufgabe sucht, ist von der Idee fasziniert. Fast fünfzigjährig wagt er den Schritt in eine neue Zukunft, verbindet sein Schicksal mit dem der aufständischen Kolonien.

Als Steuben am 23. Februar 1778 im amerikanischen Hauptquartier Valley Forge eintrifft, ist es um die Armee schlecht bestellt. Die Soldaten hungern und frieren, werden von den pazifistisch eingestellten Quäkern verspottet. Von ursprünglich 11.000 Mann sind in den Wintermonaten über 3.500 desertiert, 1.500 weitere wegen der besseren Versorgung zu den Engländern übergelaufen. Von den verbleibenden 5.012 Mann sind 3.989 wegen Krankheit, Schwäche oder mangelnder Bekleidung nicht mehr einsatzfähig.

Schon einen Tag später erfolgt in Begleitung von Oberbefehlshaber George Washington auf dem Appellplatz die erste Inspektion. Die angetretenen.Brigaden, Kompanien und Regimenter haben unterschiedliche Stärken, sind nicht einheitlich formiert. Ihre Ausrüstung besteht aus einem wilden Durcheinander von Musketen, Karabinern, Büchsen und Jagdflinten. Die Gewehre sind verrostet und verdreckt, ihre Handhabung und das Exerzierreglement beruhen auf dem Gutdünken des jeweiligen Regimentsoffiziers. Unhaltbare Zustände auch in den Quartieren: Die Hütten sind halb verfallen, die Männer liegen auf dem nackten Boden, die Lazarette sind mit Schwerkranken überfüllt. Steuben erkennt schnell: Trotz ihrer desolaten Lage sind die zerlumpten und geschwächten Soldaten hochmotiviert. In ihren Gesichtern stehen Trotz und Entschlossenheit, sie sind beseelt von unbändigem Freiheitswillen. Es fehlte ihnen jedoch die Einheitlichkeit in der Ausbildung, in der Ausrüstung und bei der Aufstellung der Einheiten. Steubens Lagebeurteilung, seine militärische Qualifikation, vor allem aber seine 22-jährigen Erfahrungen im preußischen Heeresdienst überzeugen auch George Washington, gilt doch die preußische Armee in Bezug auf Präzision, Sicherheit und Schnelligkeit bei der Ausübung der Exerzierregeln im 18. Jahrhundert als unerreicht. Er beruft den preußischen Offizier zum Generalinspekteur im Range eines Generalmajors, die Ernennung wird am 5. Mai 1778 vom Kongreß bestätigt. Sein Monatlicher Sold beträgt 166 Dollar zuzüglich 84 Dollar Aufwandsvergütung.

Steuben geht mit Feuereifer ans Werk. Er schafft den organisatorischen Rahmen für die Armee, sorgt für Ernährung und Bekleidung, überwacht die Ausrüstung der Regimenter, schafft einheitliche Exerzier- und Dienstreglements, führt höchstpersönlich die taktische Ausbildung durch. Am 19. März 1778 stellt er aus den besten Soldaten eine Musterkompanie von 120 Mann zusammen. Sie sollten unter seiner Anleitung das Gelernte auf die gesamte Armee übertragen. In seinen Soldatenmantel gehüllt, läßt er die Soldaten immer wieder vorbeimarschieren. Am wichtigsten ist ihm dabei das Manövrieren in geschlossener Abteilung. Bisher hatte die amerikanische Armee nur den Reihenmarsch gekannt, wie ihn die Milizen von den Indianerkriegen her gewohnt waren. Dadurch wurden die Brigaden und Regimenter lang auseinandergezogen und konnten sich, wenn der Feind überraschend auftauchte, nicht schnell genug zur Schlachtordnung formieren. Aber auch das Aufmarschieren zur Linie wird intensiv geübt. Dadurch kann sich die geballte Kolonne durch eine einfache Wendung blitzschnell zur feuerspeienden Gefechtsformation verwandeln. Mit eiserner Energie geht Steuben zu Werke, korrigiert persönlich jeden Mann. Dabei machen ihm immer wieder Sprachprobleme zu schaffen: Weil er Englisch nur unzureichend beherrscht, kommandiert er auf französisch - sein Adjudant Benjamin Walker muß die Befehle übersetzen. Doch Steubens Arbeit zahlt sich aus: Die Musterkompagnie, zugleich die Leibwache Washingtons, wird zum Vorbild der gesamten Kontinentalarmee. Das Gefechtstrainig ist streng auf die europäische Kriegsführung ausgerichtet: Der Kampf findet auf engstem Raum statt, gefeuert wird einheitlich auf Kommando in möglichst schneller Schußfolge. Schnelligkeit und Zielgenauigkeit sind dabei von entscheidender Bedeutung - Gewinner der Schlacht sind diejenigen, die eine treffsichere erste Salve abgeben und schneller nachladen als der Gegner. Diese Feuerschnelligkeit kann jedoch nur erreicht werden, wenn bei den Soldaten die Handhabung ihrer Gewehre und die Lade- und Feuergriffe nahezu "mechanisch" ablaufen. Striktes Befehlstraining hat in Steubens Reglement deshalb absolute Priorität, der Gefechtsablauf wird in 8 Schritten geübt: Abzugshahn spannen - Patronenkugel ergreifen - Gewehrlauf bereithalten - Patronenkugel einführen - Ladestock ergreifen - Patronenkugel einrammen - Ladestock zurückziehen - Feuern!

1778 erarbeitet er die "Regulations for the Order an Discipline of the Troops of the United States", das sogenannte "Blaue Buch". Es legt einen Ausbildungsplan fest, gestaffelt nach Exerzierübungen, die der Soldat zunächst allein, dann in Rotten und Gliedern, schließlich in Kompagnie- und Bataillonsstärke durchzuführen hat. Steubens Reglement ist dabei vollkommen praxisbezogen. Er entwickelt eine Militärtheorie weiter, die von der preußischen in vielen Fällen abweicht, zum Beispiel bei der Gliederung der Regimenter. Bei Steuben besteht das Bataillon aus vier und nicht aus fünf Kompagnien wie in Preußen. Jeder Kompaniechef ist persönlich für die Ausbildung seiner Rekruten verantwortlich, die Zugführung übernehmen ausgewählte Sergeanten. Auch die Übernahme der zweigliedrigen Linienstellung anstelle der in den europäischen Armeen üblichen dreigliedrigen dient der Vereinfachung. Das schwierige Peletonfeuern in drei Gliedern entfällt. Damit reagiert Steuben auf die Gegebenheiten der wenig geübten amerikanischen Armee. Seine Forderung, in einem Regiment 160 Mann zu vereinigen, kann er jedoch nicht durchsetzen. Sie stößt auf Widerstand seiner Offiziere, das Exerzieren dieser Einheiten erweist sich als zu aufwendig.

Im "Blauen Buch" geht Steuben auch ausführlich auf die Lagerordnung ein. Funktion und Zusammensetzung der Lagerwachen werden intensiv beschrieben. Auch für die Lagerhygiene enthalten die Regularien genaue Vorschriften. Küchen und Schlachtplatz müssen vom Zeltlager in angemessener Entfernung liegen. Die Offiziere sind für Ordnung und Sauberkeit verantwortlich. Sie haben auch die Güte des Essens und den Verkauf von Alkohol zu kontrollieren. Die Mannschaften dürfen nicht im Zelt essen, kein offenes Feuer unterhalten und keine Lebensmittel gegen alkoholische Getränke eintauschen. Auf die Sauberkeit der Soldaten, ihrer Kleidung und Zelte wird streng geachtet. Waffen, Munition und Ausrüstung haben stets funktionstüchtig und einsatzbereit zu sein. Obwohl Steuben die amerikanischen Verhältnisse den militärtheoretischen Erkenntnissen Preußens anpaßt, findet der "preußische Kadavergehorsam" in seine Ausbildungsvorschriften keinen Eingang. Verantwortung und Fürsorgepflicht der Offiziere gegenüber ihren Untergebenen nehmen in den Regulationen einen breiten Raum ein. Steuben vertraut der Tüchtigkeit seiner Soldaten, die an die gemeinsame Sache glauben - sie sind für ihn keine Knechte, sondern Männer, die Achtung verdienen. Die amerikanischen Soldaten handeln nicht schlechthin auf Befehl, sie wollen vielmehr den Sinn ihres Handelns begreifen. Eine Denkweise, die der damaligen Ausbildungspraxis der europäischen Feudalarmeen zuwiderläuft. In einem Brief an seinen Freund, den preußischen Generalleutnant Friedrich Wilhelm von Gaudy schreibt Steuben: "Der Geist dieser Nation läßt sich nicht im geringsten mit dem der Preußen, Österreicher oder Franzosen vergleichen. Sie sagen dort einfach zu Ihren Soldaten: "Tu dies und das!" - und es wird ausgeführt. Ich bin dagegen gehalten zu erklären, warum dies und das getan werden muß und erst dann wird es gemacht."

Die Arbeit Steubens zahlt sich erstmals 1778 in der Schlacht von Monmouth aus. Auf britischer Seite steht den Amerikanern General Clinton gegenüber. Als die Schlacht durch Fehler des amerikanischen Generals Charles Lee verloren scheint, ist es Steuben zu verdanken, daß die Armee sich wieder formiert und in mustergültiger Ordnung und Disziplin erneut in den Kampf marschiert. Mit diesem Erfolg bewährt sich Steuben wiederholt auch als Führungsoffizier und selbstständiger Truppenkommandeur. Zwei Jahre später wird er von Washington zum General-Quartiermeister in Virginia berufen. 1781 befehligt er vor Yorktown/Virginia eine der drei Angriffsdivisionen. Die Belagerung und die Schlacht bei Yorktown tragen maßgeblich zum Sieg über die britischen Truppen bei. Am 19. Oktober 1781 erfolgt die Kapitulation, fast siebeneinhalbtausend Mann der regulären britischen Armee ziehen in die Gefangenschaft. Im März 1784 reicht Steuben dem Kongreß sein Abschiedgesuch ein, das am 15. April angenommen wird. Das "Blaue Buch" wird auf Anordnung des Kongresses vom 29. März 1779 als offizielle Richtlinie für die amerikanische Armee bestimmt.

Obwohl ihm als Ausländer im Zuge des aufkommenden Patriotismus viel Neid und Mißgunst entgegenschlägt, würdigt das offizielle Amerika seine Bedeutung für den Befreiungskampf. 1784 gewährt ihm der US-Kongreß eine Abfindung von 20.000 Dollar, im Januar 1787 verleiht ihm der Kriegsminister für seine Verdienste einen goldenen Ehrendegen. Die Stadt New York ernennt ihn am 11. Oktober 1784 zum Ehrenbürger, der Staat New York schenkt ihm mit Verfügung vom 27. Juni 1786 Ländereien im Umfang von 23.000 Morgen, die er sich selbst aussuchen kann. Steuben entscheidet sich für einen Landsitz in Utica (Oneida County), unweit des Ontario-Sees. Nur um eine angemessene Pension muß der hochdekorierte Offizier nach seiner Entlassung aus der Armee jahrelang kämpfen. Um seine berechtigten Ansprüche durchzusetzen, gründet er am 13. Mai 1783 zusammen mit anderen Kriegsveteranen den Orden der Cincinatti. Doch erst als George Washington 1789 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird und sich persönlich für Steuben einsetzt, beschließt der Kongreß für den ehemaligen Generalinspekteur einen jährlichen Ehrensold von 2.500 Dollar. 1790 läßt sich Steuben endlich auf seinem Landgut nieder. Mit George Washington bleibt er lebenslang befreundet, an politischen und militärischen Problemen ist er bis zu seinem Tode weiterhin stark interessiert.

Am 28. November 1794 stirbt Friedrich Wilhelm von Steuben an einem Schlaganfall, am 30. November wird er beigesetzt. Entsprechend seinem Wunsch findet die Beerdigung ohne Zeremoniell und militärische Ehren statt, nur die engsten Freunde begleiten seinen letzten Weg - sein langjähriger Privatsekretär John Mulligan und seine Adjudanten Captain Benjamin Walker und Oberst William North, die er beide noch kurz vor seinem Tode adoptiert. In einem schlichten unbearbeiteten Holzsarg wird er bestattet. Auch kein Stein bezeichnet die Stelle, an der er begraben liegt. Erst im Jahre 1870 wird über der Grabstätte ein Grabmal errichtet, 1930 wird das Gelände vom Staat New York gekauft und offiziell zum "Steuben State Memorial Park" deklariert.

Unzählige Straßen, Plätze und militärische Einrichtungen tragen seither seinen Namen. Am 7. Dezember 1910 enthüllt US-Präsident William Howard Taft in Washington gegenüber dem Weißen Haus das erste Steuben-Denkmal. Eine Kopie wird am 2. September 1911 im Potsdamer Kommandanturgarten an der Schloßstraße von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Sie stürzt im Bombenhagel des 14. April 1945 vom Sockel, wird auf dem Bauhof eingelagert und 1950 zur Buntmetallgewinnung eingeschmolzen.

Erst nach dem Zusammenbruch der DDR findet Steuben an seinem 200. Todestag, dem 28. November 1994, erneut einen Platz in Brandenburgs Landeshauptstadt. Das heutige Standbild vor dem Potsdamer Marstall ist ebenso wie das Denkmal in der Westberliner Clay-Allee ein Nachguß des Washingtoner Monuments, das von Bildhauer Albert Jäger entworfen wurde.

Während der preußische Offizier in seiner amerikanischen Wahlheimat seit 1936 mit der alljährlichen New Yorker Steuben-Parade gefeiert wird, begeht seine Geburtsstadt Magdeburg erst im Jahre 1996 eine verspätete Wiedergutmachung an ihrem großen Sohn. An seinem 266. Geburtstag wird ihm ein lange verwehrtes Denkmal gesetzt - eine 3,40 Meter hohe Bronzeplastik in der Harnackstraße unweit des Fürstenpalais. Bisher existierte in der Elbestadt lediglich eine Steuben-Gedenktafel und eine Steuben-Büste. 1990 hatte sie der erste freigewählte Oberbürgermeister Willi Polte aus ihrem Archivversteck im Kulturhistorischen Museum zurück ins Rathaus geholt - offizielles Bekenntnis zu einem demokratischen Militärreformer, der in der kommunistischen DDR als "typischer Vertreter des preußischen Militarismus" jahrelang totgeschwiegen wurde.

In seiner Festansprache zur Magdeburger Denkmal-Enthüllung am 17. September 1996 würdigte der damalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe den preußischen General: "Friedrich Wilhelm von Steuben" war Deutscher und Amerikaner zugleich. Sein Name steht damals wie heute für die Ideale von Freiheit und Demokratie - überall in der Welt." (siehe auch Kapitel "Nachtrag zum US General von Steuben")


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